Es gibt Klappräder, Rennräder, Bergräder (MTB), Schotterräder (Gravel), Schönwetterräder (Vintage), Doppelräder (Tandem), Reiseräder, Rückenwindräder (Pedelec), Dreiräder, Kinderräder, Laufräder, Protzräder (Fat), Motorräder (E‑Bike), Schnellräder (S‑Pedelec), Stadträder (City), Tiefeinsteigerräder, Liegeräder, Wanderräder (Trekking), Überallräder (ATB), Lastenräder und vermutlich viel mehr Bezeichnungen als ich mir vorstellen kann.
Ich habe mir im Herbst 2024 erste Gedanken über ein neues Fahrrad gemacht. Mein aktuelles Fahrrad ist ein Hercules Trekking-Pedelec und ich bin mit dem Rad in 3,5 Jahren ca. 14.500 km geradelt. Davor waren es 7.500 km auf einem Hercules Klapp-Pedelec. Jeden Tag, bei jedem Wetter, über jedes Gelände, in der Stadt und auf dem Land, flach oder hügelig, mit wenig und viel Gepäck und bei fast jeder Geschwindigkeit.
Das bringt mich direkt zu meinen Wünschen an ein neues Fahrrad. Es soll ein Alltagsrad werden, ein Fahrrad das fast alles mitmacht und dabei nicht viel Pflege benötigt. Es muss nicht unbedingt steile Anstiege im Wald hoch oder auf glatter Piste mit 40 km/h fahren können.
Inhaltsverzeichnis
Anforderungen
Mein künftiges Alltagsrad sollte folgende Anforderungen erfüllen:
- wartungsarm und leicht zu reinigen
- leise und leicht zu treten
- bezahlbar (< 4.000 €)
- möglichst regional produziert
Mit diesen Eigenschaften habe ich mich auf den Weg gemacht. Ein langer Weg, wie ich im Nachhinein feststellen musste. Es gibt so viele Optionen und Abhängigkeiten, wer soll da noch durchblicken. Bei Youtube findet man tausende Videos zu ähnlichen Themen und am Ende ist es doch nur ein Fahrrad.
Meine erste Entscheidung war schnell klar: Mein neues Alltagsrad soll eine Nabenschaltung haben, leichtlaufend und wartungsarm. Bislang habe ich eine 8‑Gang Kettenschaltung genutzt. Nach mehreren Gesprächen und sehr vielen Videos und Recherchen fiel meine Wahl auf die Alfine 8‑Gang Nabenschaltung von Shimano. Diese Schaltung verträgt ein maximales Drehmoment von 50 Nm.
Damit war auch klar, wie kräftig der Motor sein darf. Meine zweite Entscheidung war der Hersteller für Motor, Steuerung und Akku: Es sollte Bosch werden, weil ich diesen Hersteller kenne und es viele Werkstätten und Ersatzteile gibt. Der Bosch Active Line Plus hat max. 50 Nm und läuft sehr leicht und leise. Mehr Leistung geht immer, ist aber lauter, weniger sparsam und teurer.
Die dritte Entscheidung war schwierig: Kette oder Riemen? Ich war zunächst bei der Kette weil altbewährt und einfach. Nach und nach rückte jedoch der Riemen in meinen Focus. Ich habe nicht schließlich für den wartungsarmen Gates CDX Riemenantrieb entschieden.
Nun die vierte Entscheidung: Kapazität vom Akku. Bislang bin ich mit 500 Wh und dem lauten und hungrigen Performance Line CX rund 90 km pro Akkuladung weit gekommen. Der gewünschte Active Line Plus ist laut Recherche genügsam, leise und man muss weniger Tretwiderstand überwinden. Also habe ich mich wieder für einen herausnehmbaren 500 Wh Akku entschieden, am liebsten im Rahmen integriert. Mehr Kapazität geht immer, kostet aber auch mehr und ist auch immer schwerer.
Die fünften Entscheidung war einfacher: Federgabel oder Starrgabel? Klar, eine Federgabel ist komfortabel, aber ist dieser Komfort auf Straßen und befestigten Wegen notwendig? Ziemlich schnell habe ich mich für eine Starrgabel wie bei vielen Gravel-Bikes entschieden. Auf etwas Komfort möchte ich jedoch nicht verzichten und hätte gerne eine Parallelogramm-Federstütze unter dem Sattel.
Zusammenfassung
Damit sind fast alle Anforderungen an mein künftiges Alltagsrad definiert:
- Shimano Alfine 8‑Gang Nabenschaltung
- Bosch Active Line Plus Mittelmotor
- Gates CDX Riemenantrieb
- Bosch 500 Wh PowerTube Akku
- Starrgabel in Rahmenfarbe
- Parallelogramm-Sattelstütze
The winner is
And the Winner is: Es wird das SEB 490 von Velo de Ville aus Altenberge. Der Hersteller ist ca 30 km entfernt und hat sich auf Custom-Bikes spezialisiert. Custom-Bikes sind individuell hergestellt und der Fachhändler oder Kunde nutzt den Konfigurator.
Das Rad habe ich bei einem Velo de Ville Fachhändler in der Nähe bestellt und es soll Mitte Februar 2025 geliefert werden. Der Model SEB 490 ist ein robustes SUV mit 27,5″ Felgen und etwas dickeren Reifen.
Erfahrungen
Inhalte werden fortlaufend ergänzt:
- 09.01.2025: Fahrrad beim Händler bestellt.
Technikgeflüster
Zahnriemen
Kette oder Zahnriemen? Hier scheiden sich die Meinungen der Fachleute und YouTuber. Es scheint keine eindeutige Antwort zu geben und oft hört man:
Das kommt auf den Anwendungsfall an…
Ich liebe diese Antwort, Denn sie passt überall und nirgends. Der Zahnriemen mit den Riemenscheiben kostet ca. 300 € mehr als ein Antrieb mit Kette, soll dafür aber länger halten. Angeblich verursacht Riemen einen etwas höheren Tretwiderstand gegenüber einem sauberen Kettenantrieb. Dabei ist der Zahnriemen nichts Neues, sehr viele Automotoren nutzen einen Zahnriemen der nach 60.000 km oder mehr gewechselt werden sollte
50 Newtonmeter
Das Drehmoment ist eine technische Information und wird in Newtonmeter (kurz: Nm) angegeben. Es ist das Produkt aus Kraft und Hebellänge. Der Bosch Active Line Plus leistet ein maximales Drehmoment von 50 Nm. Wie kann man sich 50 Nm vorstellen? Fülle einen Eimer mit 7 Liter Wasser und halte den Eimer am waagerecht ausgestrecktem Arm hoch. Im Schultergelenk wirkt nun ein Drehmoment von ca. 50 Nm sofern dein Arm ca. 70 cm lang ist. Wenn der Arm kürzer ist, muss das Gewicht höher sein um das gleiche Drehmoment zu erzielen.
Die Tretkurbel am Fahrrad ist ca. 17 cm lang. Um ein Drehmoment von 50 Nm zu erzeugen, ist ein Gewicht von ~30 kg erforderlich.
Der Fahrradmotor Bosch Active Line Plus unterstützt dich mit maximal 50 Nm. Die maximale Unterstützung hängt von deiner Tretleistung und der gewählten Stufe (Eco, Tour, Sport, Turbo) ab. Zusammen mit einer Nabenschaltung sind das:
- Turbo: Unterstützung 250 %, max 50 Nm
- Sport: Unterstützung 170 %, max 45 Nm
- Tour: Unterstützung 100 %, max 40 Nm
- Eco: Unterstützung 40 %, max 35 Nm
Siehe auch:
Der Bosch Active Line Plus passt wunderbar zur Nabenschaltung Shimano Alfine 8‑Gang.
250 Watt
Das Drehmoment des Motors ist erstmal eine statische Angabe und hat noch nichts mit der Leistung zu tun. Die Leistung eines Motors wird in Watt angegeben und in Deutschland hat der Gesetzgeber die maximale Dauerleistung von Pedelecs auf 250 Watt begrenzt wobei die tatsächliche Leistung von der Drehzahl abhängt.
Der Gesetzgeber hat nur die maximale dauerhafte Leistung vorgeschrieben. Die Motoren dürfen kurzzeitig mehr Leistung abgeben.
Der Bosch Active Line Plus hat eine maximale Leistung von 415 Watt. Bei einer Drehzahl von 70 Umdrehungen pro Minute sind es maximal 365 Watt.
307 Prozent
Bei Gangschaltungen bezeichnet man die Differenz vom Übersetzungsverhältnis als Spreizung. Diese Differenz ist mehr oder weniger gleichmäßig auf die Gänge verteilt.
Bei der Shimano Alfine 8‑Gang sind es 307%. Im ersten Gang beträgt die Übersetzung ~1:0,5 und im achten Gang ~1:1,6
Der fünfte Gang übersetzt 1:1,0 und sollte auf deine optimale Reisegeschwindigkeit und Trittfrequenz abgestimmt sein, dass die Verluste hier am geringsten sind.
Hi Peter,
schöner Beitrag, der mich sehr anspricht, da in 3/25 mein Leasing ausläuft und ich mir auch Gedanken über mein nächstes Pedelec mache.
Bisher bin ich bei: Pinion, Heckmotor, Zahnriemen… etwas wie dieses hier:
https://pinion.eu/bike_selection/electrolyte-zugvogel-s8e/
Darf gerne leichter sein ;-)
Gruß
Hi Steve, Danke! Da hast du ein sehr gutes Rad in die engere Wahl genommen. Ein Heckmotor ist natürlich top und dann noch mit Riemen und Pinion. Das ist bestimmt ein flüsterleises Alltagsrad. Kostet natürlich etwas mehr…